REISE | ANDREAS HÜLSMANN – 45 JAHRE UNTERWEGS REISEZEITEN Seit 45 Jahren ist Andreas Hülsmann auf Motorrädern rund um den Globus unterwegs. In diesem Zeitraum hat sich für Reisende viel verändert – vor allem bei der Ausrüstung. Seit über 25 Jahren setzt der Motorrad-Abenteurer auf Produkte von Touratech. Mit dem Motorrad durch die Welt fahren, das ist bis heute meine Seit meiner Australien-Reise Mitte der 1990er Jahre, kam auf Leidenschaft. Es fing schon früh an, gerade war der »Einser« in fast jeder Reise mindestens eine Neuerung hinzu. Zuerst waren meinem Besitz, da spukten schon die Reisepläne in meinem Kopf es die wasserdichten Gepäckrollen, bei denen man sich darauf herum. In meinen Gedanken ging es nicht um Wochen, Monate verlassen konnte, dass die Klamotten auch bei Dauerregen trocken wollte ich unterwegs sein. An die Konsequenzen, was denn nach bleiben. Dann das Garmin III plus, ein Navi mit winzigem, mo- einer solchen Tour aus mir wird, habe ich nie gedacht. Der Drang, nochromem Bildschirm. Das Kartenmaterial für dieses Ding war mit dem Moped hinaus in die Welt zu stürmen, war einfach da. Der mehr als dürftig, doch die Möglichkeit, einem Pfeil folgend zu einer »Travel Bug« hatte mich infiziert, und bis heute gibt es kein Mittel Koordinate zu navigieren, war damals eine echte Innovation. Und dagegen. Dass ich letztendlich diese Kombination aus Reiselust dass Touratech die passende Halterung im Repertoire hatte, mach- und Motorradfahren zum Beruf machen konnte, war natürlich eine te dieses Garmin zu einem festen Bestandteil auf meinen Touren. glückliche Fügung. Die nächste große Innovation bildete der Siegeszug der digitalen Doch zunächst sah es nicht nach einem Reiseleben aus. Eine Fotografie. Zudem bekamen Laptops langsam ein handliches Lehre hatte ich hinter mir, was folgte, waren Fachabitur und Format, und die Kommunikation von unterwegs via Satellit wurde Studium. Doch immer wieder brachte dieser Travel Bug Probleme erschwinglich. Konnten wir 2004 auf der Canning Stock Route le- mit sich, wie bei meiner allerersten Tour. Mit einem Freund sollte diglich kleine Texte von Australien über das All nach Deutschland es nach Schottland gehen und das Ende März. Eine Jahreszeit, die, verschicken, waren es zwei Jahre später auf der ersten »Kurs-Ost- wie wir zitternd erfahren mussten, für Motorradreisen in diese Re- Tour« schon kleine Bilder. Erstmals war auch eine »Echtzeit«-Ver- gion nicht wirklich geeignet ist. Aber das Fernweh war einfach so folgung unserer Reise möglich. An Claudias 1150er GS war hierzu groß, dass wir die anstehenden Osterferien eigenmächtig um ein ein Satelliten-Tracker von der Größe einer Müslischüssel befestigt, paar Tage vorverlegten. Das war 1980, eine Zeit, in der ein über- der alle vier Stunden unseren Standort in die Welt schickte. dimensionaler »Elefantenboy« den Tank meiner Suzuki GS 400 Mehrere Male zog es mich immer wieder Richtung Osten. Und beherrschte, die Koffer aus Pappe und Kunstleder bestanden, und immer wieder hatte ich auch die Gelegenheit, Neuentwicklungen das Rack Pack eine schlichte Mülltüte war. und Prototypen von Touratech mit auf die Reise zu nehmen. Hier- Fast 45 Jahre liegen meine ersten Reiseerfahrungen zurück. zu zählt der Zusatztank für die BMW F 800 GS. Mehr Sprit an Bord Ohne jegliche Kenntnis darüber, was uns erwartet, sind wir zu haben, kann in den Weiten der mongolischen Steppe oder in losgefahren. Die Ausrüstung nach heutigem Stand ein zusam- den Hochlagen des Pamir nicht schaden. mengewürfeltes Sammelsurium an Dingen, das nicht einmal die Testreihen on Tour gab es einige, wobei auch altgedientes Bezeichnung »Basic« verdiente. Mein Schlafsack aus Frottee hatte Zubehör immer wieder auf den Prüfstand musste. So auch auf der eine auf tropische Temperaturen ausgelegte Komfortzone. Den Wüstenfahrt durch den Westen Australiens. Fast 40 Kilogramm frostigen Nächten in Schottland hatte die mit Watte gefütterte packten wir in unsere ZEGA Cases (jeweils!) und trieben unsere Penntüte nichts entgegenzusetzen. Motorräder damit über die mörderische Canning Stock Route. In den viereinhalb Jahrzehnten hat sich in jeder Hinsicht viel Nach fast 50 Jahren Motorradfahrerei liegen an die eine Million verändert. Vergaser und Kontaktzündung waren 1980 technischer Kilometer hinter mir. An die 500 Reportagen um und über das Standard, ABS oder gar Fahrmodi im Motorradbereich noch unbe- Reisen habe ich geschrieben, und in meinem Archiv lagern an die kannt. Navigiert wurde mit Papier, und beim Fahreranzug hatte 80.000 Dias, während mich mein Bildbearbeitungsprogramm wis- man die Wahl zwischen Leder oder Wachs-Cotton. Trotzdem wa- sen lässt, dass sich auf den unterschiedlichsten Festplatten auch ren diese frühen Reisen Erlebnisse, die ich nicht missen möchte. schon fast 150.000 digitale Motive angesammelt haben. Darunter Aber die Möglichkeiten, die Motorräder, Zubehör und Fahreraus- sicher auch jede Menge Aufnahmen, die nicht so sehenswert sind, stattung heute bieten, liegen einfach in einer anderen Dimension, aber mir fällt es schwer, auch nicht so gelungene Fotos zu löschen, die auch die Hemmschwelle senkt, einfach loszufahren. denn an jedem Bild hängt irgendwie eine Erinnerung. TRAVEL TIME 02 / 2024 85