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Touratech Travel Time 02_15 deutsch

2 2015 61 »Menschliche Basis« Michael Martin Wenn ich versuche, mich zu erin- nern, wann ich Herbert und Jochen ken- nengelernt habe, fällt mir kein spezielles Er- eignis ein. Wir sind alle drei schon ewig in der gleichen Szene unterwegs, ich möchte fast sagen, die beiden sind für mich »schon immer da«. Ein persönlicher Kontakt entstand al- lerding erst, als Herbert und Jochen be- gannen, Motorradzubehör zu produzie- ren. Doch der wurde dann umso intensiver. Seitdem ich auf die BMW R 1100 GS um- gestiegen war, bereiteten die beiden mei- ne Motorräder für die Wüstenexpeditionen vor. Und ich war begeistert: Touratech hat- te den ersten Kofferträger entwickelt, der selbst bei meiner chronischen Überladung nicht brach. Fast so etwas wie eine Lebens- versicherung waren die großvolumigen Tanks aus Niedereschach. Die nahezu un- zerstörbaren Spritfässer stellten sicher, dass mir auch auf langen Etappen in der Wüste nicht das Benzin ausging. Es war faszinierend, hautnah mitzuer- leben, wie das Produktportfolio von Tou- ratech über die Jahre nicht nur stetig um- fangreicher wurde, sondern auch immer bessere Parts mit genialen Eigenkonstruk- tionen hinzukamen. Und natürlich konnte ich viele der Produkte als einer der ersten auf meinen Reisen ausprobieren. Mit Herbert habe ich auch eini- ge Reisen gemeinsam realisiert. Für ein Fotoshooting zur Präsentation der BMW R 1150 GS Adventure waren wir 2001 im eisigen Hochland von Bolivien unterwegs. Im Jahr 2003 haben Herbert und ich den heiligen Berg Kailash in Tibet besucht. Die- ser ebenmäßige, bis heute unbestiegene Gipfel ist gleich vier Religionen heilig: Bud- dhisten, Hindus, Jainisten und den Anhän- gern des Bön. Unzählige Pilger reisen jedes Jahr an, um den Kailash zu Fuß zu umrun- den. 108 Umrundungen, von denen jede etwa 53 Kilometer misst, bedarf es, um zu unmittelbarer Erleuchtung zu gelangen. Für uns schien die Gelegenheit günstig, wir hat- ten unsere Reise in das nur alle zwölf Jah- re wiederkehrende Jahr des Pferdes gelegt, in dem eine Runde 13-fach zählt. Ganz hat es mit der Erleuchtung trotzdem nicht ge- klappt. Angesichts des mühseligen, bis auf Höhen von 5.700 Metern hinaufführenden Pfades, war ich froh, eine einzige Umrun- dung zu bewältigen. Doch überhaupt dort zu sein und das Saga Dawa Fest gemein- sam mit 100.000 Pilgern zu feiern, war schon Glück genug. Denn auf der Anreise hatten wir einen Fehler begangen, der uns beinahe teuer zu stehen gekommen wäre. Um möglichst früh die nepalesische Hauptstadt Kathmandu zu erreichen, be- schlossen wir, eine Nachtfahrt durch ein von maoistischen Rebellen kontrolliertes Gebiet zu unternehmen. Als wir an einem Check- point der Armee hielten, blickten wir unver- mittelt in die Läufe gleich mehrerer Maschi- nengewehre. Die Soldaten waren extrem nervös, einige zitterten. Sie hielten uns ganz offenbar für Terroristen. Nur mühsam konn- ten Herbert und ich die Lage deeskalieren. Allerdings verboten uns die Soldaten die Weiterfahrt (was wohl auch gut war), und wir mussten ein provisorisches Lager in der Nähe des Checkpoints einrichten. Auch erfahrenen Reisenden pas- sieren solche Fehler – vielleicht aus Routine. Letztlich war das Projekt aber er- folgreich, denn wir konnten zahlreiche Syn- ergien nutzen. Herbert wollte Produkte tes- ten und Bilder für den Katalog schießen, ich habe Foto- und Filmaufnahmen für mein Projekt »Die Wüsten der Erde« gemacht. Da bot es sich natürlich an, sich den Aufwand für die komplizierte und teure Vorbereitung und Logistik zu teilen. Um solche extremen Unterneh- mungen gemeinsam durchführen zu können, muss es eine solide emotio- nale Basis zwischen den Akteuren geben. Ich glaube, was mich mit Herbert – ebenso wie mit Jochen – noch mehr verbindet als die gemeinsame Lust am Motorradreisen und Fotografieren, dem Interesse an ande- ren Ländern und einem unbedingten Per- fektionswillen ist der Wille, etwas aufzubau- en und dabei menschlich zu bleiben. Herbert und Jochen wünsche ich, dass ihnen nie die Ideen ausgehen, sie sich die Freude am Motorradreisen bewahren – und dass sie vor allem genug Zeit zum Rei- sen haben. Der Kailash war eines der gemeinsamen Reise­ ziele von Michael Martin und Herbert Schwarz. Fotos: Michael Martin Michael Martin zählt zu den welt- weit renommiertesten Reisefoto- grafen. 1963 in München geboren, hat sich der Diplom Geograf schon früh auf das The- ma Wüsten spezialisiert. Seine Multivisions- Vorträge setzen bis heute Maßstäbe. Über 2000 Vorträge hat er bereits gehalten. Hin- zu kommen 30 Bücher und zahlreiche Fern- sehfilme. Derzeit arbeitet Michael an seinem neuen Projekt »Planet Wüste«. Die Vortrags- tournee startet im Herbst 2015. Weitere Informationen unter www.planet wueste.de sowie www.michael-martin.de 2201561

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